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„Asthma ist eine Datenkrankheit.“

Die Zahl der Asthma-Patient*innen in Deutschland wächst. Auch Andreas Thom erhielt die Diagnose. Das bedeutet: täglich Lungenwerte, eingenommene Medikamente, das Wetter und Symptome wie Hustenanfälle händisch ins Asthma-Tagebuch eintragen. Für den Interface-Designer Thom, der sich viel mit medizinischem Softwaredesign beschäftigt hat, wurde klar: Eine digitale Anwendung muss her, mit denen Patient*innen – und Ärzt*innen – die Krankheit besser im Griff haben. Die Idee von breazy-health war geboren. 2017 gründete Thom gemeinsam mit dem Produktdesigner Benedikt Gnadt und Dr. Felix Mühlbauer, technischer Informatiker, das Potsdamer Start-up.

Gesundheit findet nicht mehr exklusiv im Arztzimmer, der Klinik oder der Reha-Einrichtung statt. „Wir möchten die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen, damit Patient*innen ihre Krankheit besser verstehen und damit umgehen können“, erklärt Thom die Motivation des Digital Health-Unternehmens. Herzstück der App ist ein digitales Tagebuch, in dem Asthmatiker*innen ihre Krankheit einfach dokumentieren und Zusammenhänge ohne Vorwissen erkennen können. Das Ausfüllen nimmt nur etwa zwei Minuten in Anspruch. Am Ende zeigt eine Grafik an, wie weit man von seinem Bestwert für eine erfolgreiche Asthmatherapie entfernt ist.

Die Gründer von breazy-health: Dr. Felix Mühlbauer, Benedikt Gnadt und Andreas Thom (v.l.)

Der Patient sieht und spürt den Effekt.

Asthma ist eine vergleichsweise komplexe Krankheit, die von vielen korrelierenden Faktoren bestimmt wird. Dementsprechend wichtig ist die richtige „Datengrundlage“ für Diagnose und Therapie. breazyTrack soll hierbei eine wichtige Brücke bilden zwischen Ärzt*in und Patient*in. „Dazu werden die Daten, die der Patient täglich über die App erhebt, so für den Arzt aufbereitet, dass dieser schnell entscheiden kann, ob die angedachte Therapie auf Grundlage der Daten sinnvoll ist“, erklärt Thom.

Denn gerade die richtige Medikation ist bei Asthma schwierig. Bis zu 20 Prozent der Patient*innen reagieren nicht auf die Standardtherapie. Es ist deshalb sehr wichtig, dass der Arzt um den jeweiligen Krankheitsstand des Patienten weiß. „Wir als Ärzte bekommen dank der App sofort einen Überblick über Befinden und Einnahmeverhalten der Patienten – somit kann die Therapie effektiver gestaltet werden“, sagt der Pneumologe Dr. med. Hilger Müller. „Lange Diskussionen über Sinn und Unsinn einer Therapie werden vermieden. Wenn dann noch Bezüge zu Pollenbelastung, Umweltfaktoren und Medikamenteneinnahme sichtbar werden, ist in meinen Augen ein wesentlicher Schritt in Richtung Therapieoptimierung getan – und das Schönste ist: Der Patient sieht und spürt den Effekt“, so Müller.

Das bestätigt eine Reihe von Patient*innen, die breazyTrack derzeit testen. „Mit der App habe ich mein Asthma besser unter Kontrolle“, sagt Dagmar Daniel. In ihrem geplanten Wanderurlaub wird sie erstmal auch die Erinnerungsfunktion für die tägliche Medikamenteneinnahme nutzen. Auch Siri Gettel freut sich über die leichtere Handhabung der Tagebuchfunktion und empfindet die Mess- und Medikamentenroutine, die sich dank der App eingestellt hat, als „heilsam“ für die Lunge. Eine Tatsache, die auch Andreas Thom wichtig ist: „Viele digitale Dienste neigen zu ‚Featuritis‘. Uns ist es wichtig, dass die Patient*innen zu Expert*innen ihrer Erkrankung werden." Als Usability-Experten haben die Designer und Entwickler deshalb darauf geachtet, dass breazyTrack einfach und intuitiv zu bedienen ist.

Gibt es breazyTrack bald auf Kosten der Krankenkasse?

Dr. Dr. Heinz Giesen, der breazy-health u.a. bei der zielgruppenspezifischen Weiterentwicklung der App unterstützt, sieht in Digital Health-Anwendungen wie breazyTrack die Zukunft: „Es wird normal sein, dass Patienten über ihre mobilen Endgeräte Daten erheben, die in eine elektronische Patienten- oder interdisziplinären Fallakte bzw. in das Arzt- oder Klinikinformationssystem übertragen werden.“ Patientenedukation werde damit automatisiert und entsprechend der jeweils persönlichen Voraussetzung des Einzelnen erfolgen können. „Dies wird einen Effektivitätssprung in der medizinischen Versorgung bedeuten, da das Problem der ‚Non-Adhärenz‘ maßgeblich beeinflusst werden wird“, folgert Giesen.

2020 wurden breazy-health mit dem MeinAllergiePortal Digital Health Heroes-Award ausgezeichnet

  • „Studien zeigen, dass Patienten, die sich mit ihrer Erkrankung auseinandersetzen und sich an der regelmäßigen Erhebung von Kontrollparametern beteiligen, mittel- und langfristig besser versorgt sind sowie Vorteile bei Lebenserwartung und Krankheitslast zeigen.“

    Dr. Dr. Heinz Giesen

    Geschäftsführer bei Medcoo GmbH

  • „Ein interessanter Effekt ist die Möglichkeit, bestimmte Situationen oder auch Umgebungen abzubilden. Hat ein Patient z.B. Probleme in seiner Arbeitsumgebung, kann das mit dem Befinden, der Lungenfunktion und den Umweltdaten abgeglichen werden.“

    Dr. Med. Hilger Müller

    Facharzt für Innere Medizin / Pneumologie / Allergologie

Wie fühlt sich dein Atem an – gerade jetzt?

Stärkung für die Lunge in 5 Minuten: Das geht ganz einfach mit dem kostenlosen Modul Atemtraining in der App breazyTrack. Die Übungen wurden gemeinsam mit der Atempädagogin und Komplementärtherapeutin Susanne Menrad-Barczok entwickelt. Dazu einfach die App im App-Store oder Google Play Store runterladen.

Wie gut habe ich mein Asthma unter Kontrolle?

Benedikt Gnadt über App-Features von breazyTrack

„Es gibt verschiedene Module, die jeweils unterschiedlich aussehen. Da haben wir zum Beispiel das Thema Umwelteinflüsse, also Feinstaub, Pollenbelastung, Ozon oder Stickstoffdioxid. Diese Umweltdaten können Patient*innen in der App hinzubuchen", erklärt Gnadt. „In anderen Modulen geht es beispielsweise darum, Fragebögen auszufüllen, anhand derer sich bspw. die Asthma-Kontrolle oder die subjektive Lebensqualität beurteilen lassen. Außerdem können User*innen u.a. Wettereinfluss, Wetterlage oder Temperaturreiz als Asthmavorhersage verfolgen. Hierzu kooperieren wir mit einem Anbieter, der in Kontakt mit dem Deutschen Wetterdienst steht", so der Produktdesigner.

Alles sehr wünschenswert – insbesondere, wenn man auf dem Dorf wohnt, von Fachärzten weit entfernt ist und es hier, wie auch jetzt schon in der Stadt, keine Termine gibt und man teilweise gar nicht als Patient angenommen wird. Spart sicher auch den Ärzten viel Zeit!

Siri Gettel, Patientin